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Goshindo

Die Entstehung

Goshindo eine in Frankreich entwickelte, besondere Stilrichtung des Jiu Jitsu, was in etwa „Weg der Selbstverteidigung“ oder „Der Weg den Körper zu schützen“ bedeutet. Untrennbar verbunden ist der Name dieser Kampfkunst mit Hanshi Alain Sailly (9. Dan) dem technischen Leiter dieser Stilrichtung.

Alain Sailly begann in den sechziger Jahren im Alter von etwa fünf Jahren mit dem Judo Training. Sein damaliger Lehrer unterrichtete auch Selbstverteidigungstechniken unter der Bezeichnung Taijutsu, so dass Alain schon sehr früh neben sportlichem Training auch diesen Aspekt kennenlernte. Mit etwa dreizehn begann er, zusätzlich Ju – Jutsu zu erlernen. Sein Lehrer Roland Maroteaux unterrichtete damals Daito Ryu Aiki Ju Jutsu und Hakko Ryu Ju Jutsu. Die Ausbildung im Shotokan Karate bei einem Schüler des französischen Karate Pioniers Gilbert Gruss vervollständigte schon sehr früh die umfassende Technikschulung von Alain Sailly. Bereits als Jugendlicher bedauerte Alain, dass überall sehr Style bezogen trainiert würde und er keine Möglichkeit hatte, die in den verschiedenen Sparten erworbenen Techniken und Fähigkeiten übergreifend und kombiniert zu üben.

Trotzdem setzte er seine Studien fort, seine Eltern unterstützten sein Interesse, und sein Vater besuchte mit ihm Lehrgänge auf der ganzen Welt, bis Alain 18 geworden war und alleine reisen konnte. So vervollständigte er seine Kenntnisse in den verschiedenen Kampfkünsten nach der alten Musha Shugyo Methode des Umherreisens, die schon die Samurai des japanischen Mittelalters als Ausbildungsweise für besonders komplette Kämpfer geschätzt hatten. Dabei beschränkte er sich nicht bloß auf asiatische Kampfsysteme, sondern trainierte auch griechisch römisches Ringen ebenso wie das russische Sambo. In der Zwischenzeit hatte sein Lehrer Roland Maroteaux den Namen der von ihm gelehrten Kampfkunst aus verbandspolitischen Gründen (Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Prüfungsrichtlinien) auf Goshindo geändert.

(Alain Sailly - 9. Dan Goshindo)

Die Wahl dieser Bezeichnung lag nahe, werden doch in zahlreichen japanischen Kampfsystemen die Selbstverteidigungsformen als Goshin Ho bezeichnet, und trägt im Judo die in den fünfziger Jahren entwickelte Selbstverteidigungsform des Kodokanden Namen Goshin Jutsu No Kata. In Frankreich war mittlerweile ein eigener Goshindo Verband mit 6 – 7 Vereinen entstanden, dessen Leitung Alain Sailly nach der Rückkehr von einem weiteren Trainingsaufenthalt in Japan angeboten wurde. Nun endlich hatte er die Möglichkeit, seinen Traum von einer systemübergreifenden Kampfkunst im Goshindo zu verwirklichen. Innerhalb kurzer Zeit gelang es ihm, aufgrund seines überzeugenden Stils die Mitgliederzahl der französischen Clubs zu erhöhen.

Goshindo enthält viele Elemente, die im traditionellen Jiu Jitsu etwas vernachlässigt werden. So finden sich im Bodenkampf Elemente aus dem Ringen und Sambo genauso wie adaptierte Schlagtechniken für die Bodenarbeit. Verteidigungen in kniender Position, auf die in anderen Stilen nicht sehr viel Wert gelegt wird, sind ebenso enthalten wie Techniken im Stand und Sprungtechniken.

Elemente aus dem Goshindo

Die Rotation besteht aus Außen- und Innenrotation und stellt eine der Kerntrainingsmethoden des Goshindo dar. Man erlernt das wichtige Zusammenspiel von stabilen Positionen, fließenden, oft tänzerisch wirkenden Bewegungen und schnell ausgeführten, aggressiven Elementen (zum Beispiel Kicks).

Die Rotation hat außerdem eine Wegweiserfunktion für die technische Arbeit im Goshindo. Weil man sich bei dieser Grundbewegung rund um den Angreifer bewegt und alle möglichen Positionen (einer Konfrontation im Stand) durchläuft, kann sie als Ausgangspunkt für alle Folgetechniken dienen.

Man kann sich den Bereich der Techniken des Goshindo als Sonne vorstellen, deren Zentrum die Rotation ist. Die einzelnen Strahlen, die von diesem Zentrum ausgehen, stellen die verschiedenen Bewegungsrichtungen dar, in die man im Laufe des Kämpfens bzw. Übens gehen kann.

Eins der Hauptziele ist es nun, für alle diese Richtungen ein Repertoire an Techniken zu besitzen, so dass man auf Veränderungen der Situation (zum Beispiel Uke reagiert anders als erwartet oder das gefürchtete Black Out bei Prüfungen) flexibel reagieren und die Technik in eine andere Richtung lenken kann.

Die Rotation in ihrer Gesamtform versteht sich daher als Trainingsmethode. In einem tatsächlichen Konflikt tanzt der Goshindoka nicht um den Gegner herum, sondern setzt kurze und effektive Techniken ein. Er versucht den Kampf mit minimalem Kraft- und Bewegungsaufwand zu beenden.

Durch das Üben längerer Kombinationen im Training ist er im Ernstfall in der Lage, seine Verteidigungstechnik rasch an Veränderungen anzupassen.

Geschichte und Philosophie des Goshindo

Goshindo („goshin“ = Verteidigung, „do“ = Weg) steht für ein komplexes Selbstverteidigungssystem, welches seine Wurzeln in verschiedenen Stilen des Jiu Jitsu hat.

Die Idee im Goshindo ist, dass man positiv denkt und handelt. Es ist nicht eine ausschliesslich defensive Selbstverteidigung, sondern vielmehr eine bestimmende, aktive Art mit bedrohlichen Situationen umzugehen.

Auch im Goshindo werden effiziente Techniken aus Judo, Karate, Aikido, Ringen, Boxen oder Kobudo zu einer harmonischen Budodisziplin vereint. Goshindo kann von verschiedenen Seiten her betrachtet werden aber in erster Linie eignet es sich besonders zur Selbstverteidigung. Die Bewegungen sind elegant und zugleich kraftvoll. Der Körper wird geschult in Beweglichkeit, Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft. Es wird versucht eine perfekte Bewegung zu erreichen, welche die grösstmögliche Wirkung mit dem effizientesten Energieverbrauch erzielt. Das Kennenlernen der eigenen Grenzen und Möglichkeiten ist somit ein wichtiger Bestandteil des Trainings.

Global betrachtet ist Goshindo durchaus eine Lebensschule, wobei die Selbstverteidigung ein Mittel ist, körperliche Attribute und charakterliche Tugenden zu entwickeln und zu fördern. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen, können so Toleranz, Hilfsbereitschaft, Rücksicht, Gemeinschaftsgefühl, positives Denken und Freude am Leben vermittelt werden. Ebenso werden Selbstdisziplin, Selbstvertrauen oder Selbstbewusstsein geschult und gestärkt.

Goshindo beschränkt sich nicht nur auf das Vermitteln von Techniken und Übungen. Es werden Fragestellungen behandelt zum Umgang in unangenehmen oder bedrohlichen Situationen auch ohne Anwendung von Gewalt. Wie kann ich eine für mich unangenehme Lage vermeiden? Kann ich einer bedrohlichen Situation entgehen, so dass für mich ein möglichst geringer Schaden entsteht?

Es ist nicht so, dass im Goshindo nur die negativen Seiten des Lebens zur Sprache kommen, ganz im Gegenteil. Humor macht vieles leichter im Leben und das ist auch im Sinne des Goshindo.

Wolfgang Scheifinger
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